Markgrafen Lobdeburger Reußen
In altdeutscher Zeit wurden an gefährdeten Grenzen „Marken“ eingerichtet. Der König/Kaiser setzte „Markgrafen“ zur Sicherung der Grenzen und ggf. zu deren Vorverlegung ein. Diese hatten große Vollmachten; sie konnten das Heer aufbieten = „Heerbann“. Im Jahre 965 teilte Kaiser Otto der I. die große Mark des Grafen Gero in 4 kleinere auf. Unsere Gegend bildete nunmehr den südlichen Zipfel der „Mark Zeitz“; der erste Markgraf war Wigger.
Bereits 968 bestätigte der Papst das zugehörige Bistum Zeitz/Naumburg zur Christianisierung der Bevölkerung dieses Landes.
Nachbargebiete waren Saalfeld, Merseburg, Meißen und Bamberg.
Über längere Zeit lag das Markgrafenamt von Zeitz in den Händen derer von Groitzsch – Stammburg nördlich von Zeitz.
Diese hatten sorbische Wurzeln und trugen den Leitnamen Wiprecht. Einer besaß um 1100 viele 100 Zinsbauern in einem „Butsin-Gau“ der vermutlich im Oberland lag. Zur Machtausübung zog er Vertreter des niederen Adels heran. So kämpfte 1115 ein „Ruzze von Plauen“ an seiner Seite.
Im Jahre 1136 sterben die von Groitzsch im Mannesstamm aus. Der Kaiser besetzt diesen Posten nicht neu, da die Grenzfunktion ohnehin nicht mehr gegeben war. Die Mark Zeitz wird schrittweise bis 1180 aufgelöst. Die östlichen Teile gehen an die Wettiner in der Mark Meißen (ab 1423 auch Sachsen genannt). Den Landstreifen beiderseits der Elster von Asch bis Gera erhalten die Vögte von Weida um 1160 von Kaiser Barbarossa als Reichslehen (ab 1343 auch Vogtland genannt). Mit dem restlichen Gebiet, zwischen den Vögten und dem Thüringer Altsiedelland werden die Lobdeburger belehnt.
Diese alle hatten die Aufgabe, im zumeist vom Sorben bewohnten Gebiet die deutsche Feudalordnung und die katholische Kirchenorganisation lückenlos und endgültig durchzusetzen. Dieser Prozess verlief nicht ohne Probleme. So klagen z. B. die Mönche von Saalfeld um 1100 „… durch Auflegen des Zehnten brachte der Bischof das halbheidnische, rohe und des christlichen Glaubens fast unkundige Volk gegen sich auf….“
In den Jahrzehnten nach 1100 wurden massiv Bauern aus dem deutschen Altsiedelland (Franken, Thüringen) angesiedelt. Erst ab dieser Zeit verbessert sich für uns heute die Quellenlage, vor allem durch eine klare Zuordnung des feudalen Landbesitzes.
Der Vollständigkeit wegen muss hier deutlich gemacht werden, dass das Bistum Zeitz/Naumburg noch bis einschließlich der Reformationszeit um 1534 aktiv war.
Eine herausragende Rolle spielte das im Jahre 1114 gegründete Kloster Bosau bei Zeitz für die Christianisierung und Landesverwaltung.
Die Lobdeburger
kamen im 12. Jh. als Reichministeriale nach Thüringen. Ihr Stammsitz war Auhausen an der Wörnitz in Franken.
Im Jahre 1166 wird die namensgebende Lobdeburg bei Jena erwähnt. Sie spalten sich bald in weitere Linien auf. Die Linie Lobdeburg-Arnshaugk bei Neustadt/Orla war bereits bis Ziegenrück aktiv und erhielt 1204 das Oberland um das heutige Lobenstein, Saalburg und Schleiz als Reichslehen. Das war der südliche Ausläufer der ehemaligen Mark Zeitz. Hier war bis zur völligen Integration in den deutschen Feudalstaat noch viel zu tun. Die Lobdeburger standen in hohem Ansehen und meisterten ihre Aufgaben erfolgreich. Sie stellten sogar von 1207-23 und von 1225-54 den Bischof von Würzburg.
Zuerst errichteten sie die Burg Saalburg (bis 1216) als ihr örtliches Machtzentrum und schon 1222 wird der Ort erwähnt. Die Weihe der Kirche von Kulm im Jahre 1223 wird als ein Abschluss der Kirchenorganisation angesehen. Ihr Gefolge gründete die späteren Rittergüter in der Umgebung. Bei der Besiedlung wird zum Teil über das Ziel hinaus geschossen, so dass alleine die Großpfarrei Tanna bald neben 11 Orten noch 6 Wüstungen aufweist. Aus dem Ortsnamen Lobenstein (1250 erste Urkunde) sind die Lobdeburger unschwer herauszuhören.
Im Jahre 1240 wird ein „Territorium Saalburg“ erwähnt. Dieses dürfte sich in der 1501 überlieferten „Pflege Saalburg“ (Gerichtsbezirk) widerspiegeln. Hierzu gehörten etliche Dörfer im Umkreis der Stadt, u.a. Röppisch.
Kaum hatte sich eine eigene Linie Saalburg (inkl. Lobenstein) etabliert, starb sie um 1240 wieder aus. Offiziell fiel damit das Reichslehen an den Kaiser zurück, der es dem Landgrafen von Thüringen zusprach. Aber die Herren von Gera (Vögte, Reußen) hatten durch Verschwägerungen mit den Lobdeburgern bereits Ansprüche erworben. Heinrich der I. von Gera besaß 1246 Teile des Oberlandes von Nordhalben aus und hatte durch seine Frau Leukarda von Lobdeburg-Pausa (1254) Ansprüche auf Lobenstein, Saalburg, Tanna, Stelzen, Mühltroff und Pausa. Nach anderen Quellen soll auch Geld an die Wettiner geflossen sein. Jedenfalls übernehmen die Vögte 1276/78 Lobenstein und stellen 1279 eine erste Urkunde in Tanna aus. Die Vögte und Lobdeburger konkurrieren im Oberland. Otto von Arnshaugk überträgt 1284 dem „Deutschen Orden“ das Kirchenpatronat zu Schleiz und Heinrich der I. von Gera dasselbe für Tanna.
Den Lobdeburgern von Arnshaugk verbleibt nur noch Schleiz und Burgk im Oberland. Zu ihrem weiteren Besitz gehören Neustadt, Pößneck, Ranis, Auma, Triptis und Ziegenrück. Otto von Arnshaugk verstirbt 1289; kurz danach sein Sohn.
Jetzt sehen die Herren von Gera ihre Chance. Nur noch Schleiz und Burgk fehlen zwischen ihrem Stammland an der Elster und dem neu gewonnenen Oberland.
Ein Wettiner (Albrecht der Entartete) verwaltete nach 1289 den Arnshaugkschen Besitz.
Der erste Vogtländische Krieg, auch Bruderkrieg genannt
Als dieser Albrecht 1314 stirbt, kommt es zum offenen Kampf um das Schleizer Gebiet. Dieses hatten die Vögte von Gera bereits vorher besetzt. Dagegen entstand eine mächtige Koalition: Markgraf von Meißen, Burggraf von Nürnberg, Bischof von Bamberg und die Reußen zu Greiz.
Deren Ziel war die Eroberung von Gera und Schleiz.
Die erste Phase des Krieges scheint im Raum Schleiz stattgefunden zu haben, große Verwüstungen werden vermeldet. Einige wüste Orte sind vielleicht darauf zurückzuführen. Die Kämpfe dauern bis 1316 an. Hinzu kommt nach einer Missernte 1315 eine verheerende Hungersnot in den Jahren 1315/16, die zu einer allgemeinen Ermattung führten.
Durch Vermittlung des deutschen Königs Ludwig kommt es am 6.1.1317 in Weißenfels zum Ausgleich und Waffenstillstand. Die Vögte von Gera müssen das heute Bayrische Vogtland abtreten, Verzicht im Pleißner Land üben, die Oberhoheit des Markgrafen von Meißen anerkennen und diesem bei Bedarf 50 Ritter stellen. Ansonsten wird den Vögten ihr Besitz im Oberland inklusive Schleiz belassen.
Jetzt stehen den Vögten nur noch Albrecht und Hermann von Lobdeburg-Leuchtenburg gegenüber, die auf Schleiz und Burgk nicht verzichten wollen. Sie sammeln 1320 ihre Kräfte bei Kahla und ziehen gegen die Vögte, aber unterliegen. Dieser Endkampf könnte um die Wysburg – eine Befestigung der Lobdeburger – herum stattgefunden haben. Das Beinhaus in Altenbeuthen und dendrochronologische Untersuchungen von Bauholz auf der Wysburg – letzter Holzeinschlag 1320 – dürften Hinweise darauf sein. Im gleichen Jahr wird auf der Leuchtenburg ein Friedensvertrag zwischen beiden abgeschlossen und alle Gefangenen ausgetauscht; „Vögte und Lobdeburger vertragen sich wieder.“
Damit haben die Vögte ihren Besitz im Oberland abgerundet und gesichert. Sie bemühen sich eifrig um dessen Aufbau und Entwicklung. Eine besondere Zuwendung erfährt das neue Nonnenkloster bei Saalburg. Offensichtlich werden treue Mitstreiter gefördert, z.B. haben die von Machwitz danach umfangreiche Lehen in Unter-Zoppoten, Röppisch, Remptendorf und Gräfenwarth, andere dagegen, wie Poppo Künzel von Weisbach (Wysburg), werden zur Kasse gebeten bzw. Friedrich von Kulm stiftet gleich seinen Besitz 1318 dem Kloster.
Der interfamiliäre Streit mit den Reußen von Greiz wird später geklärt.
Anmerkung zum o.g. Beinhaus in Altenbeuthen:
Untersuchungen der Universität Jena sollen ergeben haben, dass die Toten keine Hiesigen waren. Es könnte sich um Angehörige fremder Truppen gehandelt haben, die an den Kämpfen von 1314-1320 beteiligt waren.